Allgemeine Gegenrede

Wenn man gegen Parolen argumentiert, kann es passieren, dass das Gesagte auf heftige Gegenwehr trifft und man sich auf einen Schlagabtausch gefasst machen muss. Parolen sind absolute Behauptungen ohne Wenn und Aber. Und ihre Vertreter/innen sind überzeugt, eine Mehrheitsmeinung und ein „gesundes Volksempfinden“ zu vertreten. Sie verbreiten ihre Meinung somit sehr selbstgewiss, offensiv und auch aggressiv. Deshalb haben viele Menschen Angst etwas dagegen zu sagen und schweigen. Doch wie kann es anders gehen? Was benötigt man für die Argumentation gegen Parolen?

Argumentationshilfen/ Leitlinien im Umgang mit Parolen

# Grundhaltung

Überprüfe: Will ich (lediglich) meine Sichtweise aufzeigen oder will ich den anderen überzeugen?

Den Anspruch reduzieren. Es reicht, den eigenen Standpunkt als eine andere Sichtweise einzubringen und zum Nachdenken anzuregen.

# Sachlich bleiben und sich nicht provozieren lassen

Es sollten sachliche Argumente vorgebracht werden mit korrekten Zahlen und Fakten. Nicht förderlich sind allgemeine Sprüche wie „man weiß doch“, „wir wissen doch alle“ und Reaktionsweisen wie „Wie kannst du das sagen?!“, die Parolen abwerten („Das ist doch Blödsinn!“) oder moralisieren („Wie kannst du so denken?!“).

# Abgrenzen

Bei menschenverachtenden oder rassistischen Äußerungen ist es ratsam nachzufragen, ob man sein Gegenüber richtig verstanden hat. Bleibt er oder sie bei der Aussage, empfiehlt es sich, den eigenen Standpunkt darzustellen und dann das Gespräch zu beenden.

# Zahlen und Fakten hinterfragen

Oftmals ist es unklar, woher Parolenvertreter/innen ihre Aussagen und Zahlen haben.

  • Verallgemeinerndes „Die“ („die“ Ausländer, „die“ in der Kirche …) durch klärende Nachfragen auflösen: Wer ist damit gemeint?
  • Nach Informationsquellen und Erfahrungen fragen: Woher hat der Gesprächspartner die Informationen? Welche eigenen Erfahrungen hat er? Wichtig ist hierbei: Einzelne Beispiele können nicht verallgemeinert werden. Dass manche Schüler klauen, heißt nicht, dass „Schüler klauen“.
  • Erläuterungen zum Inhalt erbitten, z.B. zu „Die Politiker sind alle unfähig!“: „Welche Fähigkeiten müsste ein Politiker denn haben?“

# Gesprächsinitiative übernehmen

Gesprächsregeln benennen und deren Einhaltung einfordern, z.B. ausreden lassen, zuhören, nicht schreien, auf das Gesagte eingehen, bei Parolen-Springen: beim Thema bleiben.

# Parolen- Springen unterbinden

Parolenvertreter/innen arbeiten mit Ängsten, Feindbildern und Mutmaßungen – an konstruktiven Lösungsvorschlägen sind sie selten interessiert. Durch das Parolen- Springen versuchen sie von Unstimmigkeiten und unliebsamen Nachfragen zu ihren Parolen abzulenken.

# Parolen „aufdröseln“

Das bedeutet: zu einzelnen Aspekten der Äußerung klärend nachfragen oder Anregungen geben. Einige Möglichkeiten sind:

  • Gefühle ansprechen: „Das regt dich sehr auf.“, „Wodurch fühlen Sie sich genau bedroht?“
  • Brücken bauen: „Sicher gibt es auch Erwerbslose, die nicht arbeiten wollen. Gleichzeitig denke ich, dass viele von ihnen …“
  • Konsequenzen, Probleme und Widersprüche aufzeigen, z.B. zu „in der Politik wird ja nur gestritten“: „Was wäre, wenn es in unserer Demokratie keinen Meinungsstreit gäbe?“, bei Fremdenfeindlichkeit: „Wer macht dann unseren Müll weg?“, bei Nationalismus: „Wer produziert all die Billigwaren in unseren Geschäften?“
  • Ironie und Witz können entkrampfen, z.B. zu „jeder Flüchtling hat ein Handy“: „Sollen sie ihre Handys vor der Flucht wegwerfen?“

# Wir/Die-Darstellung auflösen

Ein Kennzeichen in vielen Diskussionen ist die Verallgemeinerung. Eigenschaften, Vor- und Nachteile und Besonderheiten von Gruppen werden auf alle projiziert. Häufig hilft es, diese Verallgemeinerungen aufzulösen und konkret zu hinterfragen.

  • Alle Ausländer sind kriminell – das ist schlichtweg gelogen, hier hilft schon ein einfaches Gegenbeispiel aus dem eigenen Bekanntenkreis aufbringen
  • Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg – eine Nachfrage, welchen Arbeitsplatz denn ein Ausländer dem Redner weggenommen hat, ist hier beispielhaft und oft erfolgreich in der Argumentation
  • Eine Leitfrage bei der Auflösung der Darstellung ist „Wen meinst Du genau?“ – so haben zum Beispiel praktisch alle Deutschen auch ein Handy und meist deutlich bessere und leistungsfähigere Modelle als Ausländer oder gar Asylsuchende. Diese Gegenfrage ist häufig auch bei den Verallgemeinerungen im Stil von „Wir alle wollen ….“ sehr hilfreich